Kommen Dinosaurier in der Bibel vor?

Kommen Dinosaurier in der Bibel vor?

Kommen Dinosaurier in der Bibel vor? Diese Frage höre ich häufiger, was mich nicht wundert. Wenn man wie ich eine Bibelschule besucht und Theologie studiert hat und dann eine Fantasy-Reihe schreibt, in der Menschen und Dinosaurier zusammenleben, sollte man auf solche Fragen vorbereitet sein. 

Meistens fällt meine Antwort ziemlich kurz aus, nämlich Nein.

Nein, Dinosaurier kommen in der Bibel nicht vor. 

Wie sollte es auch anders sein? Denn schließlich ist der Begriff Dinosaurier (griechisch: schreckliche Echse) eine recht junge Bezeichnung, die auf den Forscher Sir Richard Owen aus dem 19. Jahrhundert zurückgeht. Da es die Bibel lange vor Owen und seine Kollegen gab, dürfte es nicht überraschen, dass wir das Wort Dinosaurier nicht in der Bibel finden (Drachen jedoch schon). 

Damit ist die Frage allerdings in den allermeisten Fällen nicht zufriedenstellend geklärt. Klar kommt das Wort Dinosaurier nicht in der Bibel vor – aber was ist mit Dinosauriern selbst, sozusagen unter anderem Namen?

Beschreibt die Bibel nicht vielleicht Tiere, die nach unserem heutigen Wissen, Dinosaurier sein könnten? Darauf zielt die Frage meistens eigentlich ab.

Jeder, der die Bibel einmal von vorne bis hinten durchgelesen hat (was ich nur empfehlen kann), wird im alttestamentlichen Buch Hiob auf zwei rätselhafte Tiere gestoßen sein, die beim oberflächlichem Lesen für Dinosaurier gehalten werden könnten: der Behemot und der Leviathan. 

Kontext zum Buch Hiob

Etwas zum Kontext. Im Buch Hiob wird der gottesfürchtige Hiob von schwerem Leid getroffen, das er selbst und seine Freunde nicht verstehen können. Sie diskutieren über die Schuld- und Leidfrage, bis sich am Ende Gott selbst in das Gespräch einschaltet und Hiob mit seiner Allmacht konfrontiert. Dazu zieht Gott, gewissermaßen zu Präsentationszwecken, den Behemot und den Leviathan heran (hier findest du einen weiterführenden Artikel von mir: 10 Dinge, die du über das Buch Hiob wissen solltest)

Hören wir einmal, wie Gott den Behemot beschreibt:

Sieh doch den Behemot, den ich mir dir gemacht habe! Gras frisst er wie das Rind. Sieh doch seine Kraft in seinen Lenden und seine Stärke in den Muskeln seines Bauches! Er lässt seinen Schwanz gleich einer Zeder hängen, die Sehnen seiner Schenkel sind dicht geflochten. Röhren aus Bronze sind seine Knochen und seine Gebeine wie Stangen aus Eisen. Er ist der Anfang der Wege Gottes. Der ihn gemacht, hat ihm sein Schwert beschafft. Denn die Berge bringen ihm Tribut, und alle Tiere des Feldes, die dort spielen. Unter Lotusbüschen lagert er im Versteck von Rohr und Sumpf. Die Lotusbüsche, sein Schatten, bedecken ihn; es umgeben ihn die Bachpappeln. Siehe, der Strom schwillt mächtig an – er hastet nicht davon. Er fühlt sich sicher, selbst wenn ein Jordan gegen sein Maul hervorbricht. Wer kann ihm in seine Augen greifen, ihm in der Falle die Nase durchbohren?” Hiob 40,15-24

Hier haben wir es mit einer poetischen Beschreibung zu tun, die uns einiges über dieses Tier verraten. 

  • Der Behemot scheint ein Pflanzenfresser zu sein
  • Der Behemot scheint ein beeindruckendes Tier zu sein
  • Der Behemot scheint sich hauptsächlich im Wasser aufzuhalten
  • Wenn überhaupt ist der Behemot nur sehr schwer zu jagen

Bevor ich Mutmaßungen zur Bestimmung des Behemot anstelle, möchte ich zunächst noch auf den Leviathan zu sprechen kommen. Schauen wir, was in Hiob über ihn gesagt wird:

Ziehst du den Leviathan mit der Angel herbei, und hältst du mit dem Seil seine Zunge nieder? Kannst du einen Binsenstrick durch seine Nase ziehen und mit einem Dorn seine Kinnlade durchbohren? Wird er dich lange anflehen oder dir schmeichelnde Worte geben? Wird er einen Bund mit dir schließen, dass du ihn zum Knecht nimmst für ewig? Willst du mit ihm spielen wie mit einem Vogel und ihn für deine Mädchen anbinden? Werden die Handelsgenossen um ihn feilschen, ihn verteilen unter die Kaufleute? Kannst du seine Haut mit Spießen spicken udn seinen Kopf mit der Fischharpune? Lege nur deine Hand an ihn! Denk an den Kampf? Du wirst es nicht noch einmal tun!

… Nicht schweigen will ich von seinen Gliedern und von seiner Kraftfülle und von der Schönheit seines Bauches. Wer deckte die Oberseite seines Gewandes auf? In sein Doppelgebiss, wer dringt da hinein? Wer öffnete die Türflügel seines Gesichts? Rings um seine Zähne lauert Schrecken. Ein Stolz sind die Schuppenreihen, verschlossen und fest versiegelt. Eins fügt sich ans andere, und kein Hauch dringt dazwischen, eins haftet am andern, sie greifen ineinander und trennen sich nicht. Sein Niesen strahlt Licht aus, und seine Augen sind wie die Wimpern der Morgenröte. Aus seinem Rachen schießen Fackeln, sprühen feurige Funken hervor. Aus seinen Nüstern fährt Rauch wie aus einem angefachtem und glühenden Kochtopf. Sein Atem entzündet Kohlen, und eine Flamme fährt aus seinem Rachen. Die Wampen seines Fleisches haften zusammen, sind ihm fest angegossen, unbeweglich. Sein Herz ist fest wie Stein und fest wie der untere Mühlstein.

Vor seinem Erheben fürchten sich Machthaber, vor Bestürzung ziehen sie sich zurück. Trifft man ihn mit dem Schwert, es hält nicht stand, noch Speer noch Wurfspieß oder Harpune. Er hält Eisen für Stroh und Kupfer für faules Holz. Der Pfeil kann ihn nicht vertreiben, Schleudersteine verwandeln sich für ihn in Stoppeln. Wie Stoppel gilt ihm die Keule, und er lacht über den Aufprall des Kurzschwertes. Unter ihm sind scharfe Tonscherben, auf dem Schlamm breitet er einen Dreschschlitten aus. Er bringt die Meerestiefe zum Sieden wie einen Kochtopf, macht das Meer wie einen Salbentopf. Hinter sich lässt er den Pfad hell werden, man hält die Tiefe für graues Haar. Auf Erden ist keiner ihm gleich, ihm, der zur Unerschrockenheit geschaffen ist. Auf alles Hohe blickt er herab; er ist König über alles stolze Wild.” Hiob 40,25-41,26

Über den Leviathan hat Gott noch mehr zu sagen als über den Behemot, und mit der Beschreibung dieser mysteriösen Kreatur beendet Gott seine Rede über die Demonstration seiner Allmacht.

Auch hier finden wir eine poetische Beschreibung, die uns dennoch einiges Dinge festhalten lassen:

  • Der Leviathan ist ein gewaltiges Tier, mit einem festen Schuppenpanzer bekleidet, an dem Jäger sich die Zähne ausbeißen
  • Im Gegensatz zum Behemot scheint es eher ein Fleischfresser zu sein (siehe die Beschreibung des Gebisses und der Zähne)
  • Der Leviathan scheint Feuer speien zu können (aus seinem Rachen schießen Flammen)
  • Der Leviathan scheint ein Meeresbewohner zu sein

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was es mit diesen beiden Tieren auf sich hat. Zunächst einmal geben Bezeichnungen selbst uns Rätsel auf. 

Ein Rätsel für die Übersetzer des Alten Testaments

Als Martin Luther um 1530 die Bibel ins Deutsche übersetzte, wusste er nicht, wie er diese Tiernamen übersetzen sollte, weil er keine Ahnung hatte, welche Tiere das sein konnten. Daher blieb er bei der jeweiligen hebräischen Bezeichnung Behemot und Leviatan.

Dieses Übersetzungsproblem taucht übrigens noch bei anderen Tieren auf. In der Liste der sogenannten kultisch unreinen Tiere, die für die Israeliten zur Zeit des Alten Testamentes nicht gegessen werden durften, tauchen vier Namen von verschiedenen Echsenarten auf, von denen die Übersetzer nicht wissen, um welche Tiere es sich handelt (vgl. 3Mo 11,30).

Der Behemot im Alten Testament

Der Behemot taucht nur in der oben zitierten Hiobstelle auf. Es handelt sich bei dem Wort um eine Erweiterung der Pluralform von behema, das “Tier oder Vieh” bedeutet und bezieht sich gewissermaßen auf alle möglichen Landtiere, in Abgrenzung von den Kriechtieren und den Vögeln (vgl. 1Mo 6,7). Behemot ist somit ein gewaltiges Landtier, ein Biest, könnten wir sagen. 

Die meisten zeitgenössischen Ausleger gehen davon aus, dass es sich bei dem Behemot um das Flusspferd handelt. Die Beschreibung des Schwanzes aus Vers 17 (Er lässt seinen Schwanz gleich einer Zeder hängen”) hat manche Ausleger zur Annahme verleitet, dass es sich hierbei um einen Dinosaurier, genauer gesagt einen Sauropoden handeln muss. Ob das wirklich der Fall ist, steht auf einem anderen Blatt.

Der Leviatan im Alten Testament

Bei dem Leviatan ist die biblische Quellenlage etwas umfangreicher. Der Leviatan kommt insgesamt 6-mal im Alten Testament vor (Hiob 3,8; 41,1; Ps 74,14; 104,26; Jes 27,1). Hinter dem Leviathan steckt die Vorstellung von einem “Seemonster”, einer großen “Wasserschlange” oder einem “Drachen”. 

Aus ugaritischen Texten wissen wir, dass der Leviathan in der Mythologie des Alten Vorderen Orients – also der Welt des Alten Testaments – ein Symbol für “Chaos” ist. Sozusagen ein göttlicher Antagonist, der die guten Absichten des Schöpfers zunichte machen will. 

Diese Vorstellung eines göttlichen, bzw. dämonischen Widersacher Gottes finden wir sowohl bei den israelitischen Nachbarn als auch in der Bibel selbst. Nur mit dem großen, theologischen Unterschied, dass der Leviatan kein ebenbürtiger Gegner Jahwes ist, sondern zu jeder Zeit seiner Herrschaft untersteht. 

In Psalm 74,13-14 heißt es:

Du [Jahwe] hast aufgestört das Meer durch deine Macht, hast zerschmettert die Häupter der Wasserungeheuer auf dem Wasser. Du hast zerschlagen die Köpfe des Leviatans, gabst ihn zur Speise den Haifischen des Meeres.”

In Jesaja 27,1 beschreibt der Prophet das endzeitliche Weltgericht Gottes mit den Worten:

An jenem Tag wird der HERR mit seinem harten, großen und starkem Schwert heimsuchen den Leviatan, die flüchtige Schlange, und den Leviatan, die gewundene Schlange, und wird das Ungeheuer erschlagen, das im Meer ist.”

Anders gesagt: Gott wird das Chaos, dass seine ursprünglich gute Schöpfung durcheinanderbringt, zerstören. 

In Psalm 104,26 wo es um das Schöpferhandeln Gottes geht, erscheint der Leviatan als ein gewöhnlicher Meeresbewohner, ohne jeden mythologischen Bezug:

Da [im Meer] ziehen Schiffe einher, der Leviatan, den du gebildet hast, um mit ihm zu spielen.”

Jetzt stellt sich die große Frage, wie wir den Leviatan bei Hiob einzuordnen haben?

Der Leviatan bei Hiob

Die Beschreibung in den Kapiteln 40 und 41 klingen zunächst recht nüchtern, als ob es sich um ein gewaltiges Tier handelt. In den Kapiteln 38 und 39 hatte Gott Hiob schon mit unzähligen Fragen zur leblosen und belebten Schöpfung herausgefordert. Der Behemot und Leviatan stehen somit an der Spitze der Argumentationskette, dass alles unter Jahwes Herrschaft steht. 

Doch der Leviatan taucht auch am Anfang des Buches in Hiob 3,8 auf und hier scheint der Bezug doch stärker die mythologische Komponente zu haben, wenn Hiob klagt:

Es sollen sie die verwünschen, die den Tag verfluchen, die fähig sind, den Leviatan zu reizen!

Daher gehe ich davon aus, dass es hier bei dem Behemot und dem Leviatan eine Art fließende Grenze vom Zoologischen zum Mythologischen gibt. Jahwe ist nicht nur Schöpfer und souveräner Herrscher über Wind und Wetter, sondern auch über alle Mächte, die uns Menschen in Angst und Schrecken versetzen – einschließlich des Behemot und Leviatan.

Daher ist es meiner Meinung nach müßig, darüber zu spekulieren, welche Tiere sich hinter den Bezeichnungen verbergen.

Von den Beschreibungen her würden wir beim Behemot vermutlich als erstes an ein Flusspferd und beim Leviatan an ein gewaltiges Krokodil denken. Der Punkt ist jedoch dieser, dass beide Tiere in der Antike erfolgreich gejagt wurden. Die Pharaonen waren sich darüber klar, dass sie das Tier im Fluss töten und ihm die Haut abziehen konnten. Sie waren nicht unbesiegbar. Allerdings repräsentierten diese gewaltigen und gefährlichen Tiere bestimmte Mächte in der unsichtbaren Götterwelt, die für den Menschen eine Bedrohung auf einer ganz anderen Ebene darstellten. 

Das ist meines Erachtens die Erklärung dafür, dass die Beschreibungen von Behemot und Leviatan nicht akkurat auf unsere zoologischen Beschreibungen von Flusspferd und Krokodil passen (zumindest nicht beim Leviatan): es geht hier nicht in erster Linie um normale Tiere, sondern um die mythologische Repräsentation zweier Tiere.

Was ist mit ausgestorbenen Tieren?

Natürlich könnte man jetzt einwenden, dass die Beschreibungen (zumindest beim Leviatan) nicht auf Tiere passen, die wir heute noch kennen, sondern dass es sich um Beschreibungen von Tieren handelt, die zur Zeit Hiobs noch lebten, heute aber ausgestorben sind.

Womit wir wieder bei den Dinosauriern landen.

Das “Problem”, so will ich es mal nennen, ist jedoch, dass Behemot und Leviatan nur dann Dinosaurier sein können, wenn wir davon ausgehen, dass Menschen und Dinosaurier zur selben Zeit gelebt haben. 

Das ist die Position derjenigen, die aufgrund des Schöpfungsberichtes in 1. Mose die Sichtweise einer sehr jungen Erde vertreten, die also glauben, dass die Erde, wie wir sie heute kennen und erforschen, innerhalb einer buchstäblichen sieben Tage Woche von Gott erschaffen wurde und zwischen 6.000 und 12.000 Jahren alt ist. Demnach wären auch Dinosaurier am sechsten Schöpfungstag gemeinsam mit allen anderen Landtieren geschaffen worden:

Und Gott sprach: Die Erde bringe lebende Wesen hervor nach ihrer Art: Vieh und kriechende Tiere und wilde Tiere der Erde nach ihrer Art! Und es geschah so” (1Mo 1,24).

Unmittelbar darauf lesen wir dann von der Erschaffung des Menschen selbst. 

Es ist allerdings fraglich, ob die Junge-Erde-Kreationisten mit ihrer Interpretation der biblischen Schöpfungsgeschichte und der Auswertung der geologischen Daten recht haben. Vor über zehn Jahren hätte ich wohl noch zur Ansicht einer jungen Erde tendiert.

Mittlerweile haben mich sowohl ein intensives Bibelstudium als auch die kritische Auseinandersetzung der verschiedenen Positionen zum biblischen Schöpfungsbericht und die Faktenlage zur geologischen Erdgeschichte zu einem anderen Ergebnis gebracht.

Daher vertrete ich heute die Position, die man allgemein als Alte-Erde-Kreationismus bezeichnet. Das heißt, ich gehe von einer (sehr) alten Erde aus, ohne ein Anhänger der theistischen Evolution zu sein, nach der Gott durch die Evolution alles Leben hervorgebracht hat. Das wirft natürlich nur weitere Fragen auf, wie beispielsweise:

Vielleicht gehe ich irgendwann noch konkreter auf diese Fragen ein. Doch für heute muss das reichen.

Mein Fazit

Wie ich bereits oben erklärt habe, besteht nicht die Notwendigkeit, im Behemot und Leviatan Dinosaurier zu sehen, nur weil die Beschreibungen uns vielleicht vage an sie erinnern. Viel wahrscheinlicher ist es, dass es sich bei diesen mysteriösen Kreaturen um gewaltige Tiere handelte, die für die damaligen Leser eine mythologische Bedeutung hatten und daher überzeichnet beschrieben wurden. 

Kommen Dinosaurier in der Bibel vor? Natürlich ist diese Frage interessant, doch lenkt sie uns vom Wesentlichen ab. Daher möchte ich mit einem hilfreichen Zitat des Alttestamentlers Bruce K. Waltke schließen:

Leider haben die wissenschaftlichen Debatten zwischen Evolutionisten und Kreationisten im Zuge von Charles Darwin die eigentliche Botschaft der Schöpfungserzählung gründlich verdunkelt. Anstelle von metaphysischen Fragen, die die Kultur prägen, beherrschen Fragen über Dinosaurier, eine Theorie der jungen Erde und dergleichen die evangelikale Landschaft. Das ist bedauerlich. […] Der biblische Schöpfungsbericht stellt Gott als souveränen Retter dar, der in eine gegebene Dunkelheit und einen Abgrund einbricht, um sie in eine gute Schöpfung zu verwandeln, die Leben hervorbringt und erhält.

Bruce K. Waltke, An Old Testament Theology, S.174

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