Warum ich als Autor kein Social Media mehr vewende

Warum ich als Autor auf Social Media verzichte

Wenn mich am Autorendasein irgendetwas besonders nervt und stresst, dann ist es Social Media. Alle Welt erzählt einem, wie hilfreich die sozialen Medien doch sind, um sich eine Marke oder eine Plattform aufzubauen. Social Media ist unerlässlich, so sagt man. Natürlich braucht es Zeit, bis sich was tut und man muss vor allem seine Kanäle regelmäßig bedienen – sprich täglich.

Finde heraus, auf welcher Plattform deine Zielgruppe unterwegs ist, und dann lass es krachen.

Derlei Dinge habe ich in den letzten Jahren zu Genüge gehört und gelesen. Doch die Realität hat mich eines Besseren belehrt. Daher werde ich mein Facebook-Konto löschen und mein Instagram-Profil nicht länger bedienen.

Ich sage bewusst, dass die Realität »mich« eines Besseren belehrt hat, weil es in diesem Artikel um meine Erfahrung und Meinung geht. Andere Autoren, Künstler oder Unternehmer haben vermutlich weitaus positivere Erfahrungen gemacht.

Doch warum verzichte ich ab sofort auf die sozialen Medien?

Ich höre auf, weil es mich stresst und zu sehr unter Druck setzt

Damit Social Media deinen Zielen als Autor dient, das heißt, neue Leser erreicht, musst du ständig posten. Am besten täglich. Das mag für manche Autoren und Künstler kein Problem darstellen, aber ich merke, dass es mich unter Druck setzt, weil ich mir ständig die Frage stellte: Was soll ich denn heute posten?

Facebook selbst wollte mir bei meinem Problem helfen, indem es mir ständig vorgeschlagen hat, mal wieder etwas zu posten, sei es ein Bild oder ein Video. Alternativ wurde mir angezeigt, wie viele potenzielle Leser es auf Facebook für meinen Post gäbe, wenn ich den Inhalt mit Werbung befeuern würde.

Natürlich habe ich mir zunächst Rat bei erfahrenen Autoren geholt und es mangelt auch nicht an Artikeln, wie man beispielsweise als Autor auf Instagram erfolgreich unterwegs ist. Also habe ich mir einen Social Media Plan erstellt und mir Gedanken darüber gemacht, was ich wann posten würde.

Das hat zwar ein wenig Druck weggenommen und es gab auch tatsächlich mehr Interaktionen als vorher, aber ein wirklicher Grund zur Freude war das nicht.

Denn der Stress hat sich dadurch nur verlagert und mich mit einer neuen Frage unter Druck gesetzt – wem hat was gefallen?

Ich habe versucht, den Rat von Profis zu beherzigen, nur zu ausgewählten Zeiten seinen Social Media Status zu prüfen und nicht wahllos zum Smartphone zu greifen.

Leichter gesagt als getan.

Jetzt habe ich zwar regelmäßiger gepostet, war jedoch ständig versucht, nachzuschauen, wie viele Likes ich bekommen habe. Hat mich vielleicht jemand in seiner Story erwähnt? Mich verlinkt? Mir eine Nachricht geschrieben, auf die ich besser SOFORT antworte?

Nein, es war alles andere als entspannt.

Zusätzlich nervte mich ein zweiter Aspekt, der mich ebenfalls dazu veranlasst hat, kein Social Media mehr zu verwenden.

Die Mentalität in den sozialen Netzwerken

Social Media kann schon ganz nützlich sein. Ich kann beispielsweise Freunden folgen, die nicht in meiner Nähe wohnen. Je nachdem wie postfreudig sie sind, erhalte ich interessante Einblicke in ihr Leben, wie beispielsweise die Geburt eines Kindes, eine Verlobung, Ehejubiläum oder dergleichen mehr. Aber hierbei handelt es sich um Menschen, die auch im echten Leben meine Freunde und Bekannten sind und nicht nur um Social Media Freundschaften.

Aber Hand aufs Herz. Wie oft scrollen wir durch unseren Feed und liken wahllos Dinge, die wir vielleicht für den Bruchteil einer Sekunde interessant finden und dann im nächsten Augenblick schon wieder vergessen haben?

Ich kenne das jedenfalls gut von mir selbst und mache mir keine Illusion darüber, dass ich – oder mein Inhalt – genauso von anderen behandelt wird.

Dann mag ich mich für einen Moment freuen, dass die Illustration von meiner Protagonistin Sinala sechsundsechzig Mal gelikt wurde (sie sieht ja auch echt gut aus) – aber was bringt mir das, wenn der Großteil davon indische Jungs sind, die nicht zu meiner Zielgruppe gehören?

Cal Newport hat dieses Phänomen gut in seinem Buch Konzentriert Arbeiten beschrieben. Vor dem Aufstieg der sozialen Medien, so Newport, war es harte Arbeit, eine Zuhörerschaft zu finden. Über seinen eigenen Blog schreibt er:

»In den folgenden zehn Jahren, einer Zeit, in der ich geduldig und mühsam die Gefolgschaft meines aktuellen Blogs Study Hacks von einer Handvoll Lesern auf Hunderttausende monatlich erweiterte, lehrte mich, dass es sehr, sehr harte Arbeit ist, die Aufmerksamkeit anderer Menschen zu erringen.«[1]

Das hat sich nun scheinbar geändert. Denn durch die sozialen Medien kann nun jeder mit einigen Tipps und Tricks eine große Fangemeinde aufbauen. Aber der Schein trügt. Newport weiter:

»Stattdessen haben sie [die sozialen Medien] diesen zeitlosen kapitalistischen Austausch durch eine oberflächliche kollektivistische Alternative ersetzt: Ich beachte das, was du sagst, wenn du das beachtest, was ich sage – unabhängig von seinem Wert. Ein Blog oder eine Zeitschrift oder eine Fernsehsendung mit Inhalten, wie sie typischerweise auf einem Facebook-Profil oder in einem Twitter-Feed zu finden sind, hätten im Durchschnitt keinerlei Publikum. Doch innerhalb der gesellschaftlichen Konventionen dieser Dienste ziehen dieselben Inhalte Aufmerksamkeit in Form von Likes und Kommentaren auf sich.«[2]

Als Autor geht es mir in erster Linie darum, mit Menschen in Kontakt zu kommen, die sich für meine Bücher interessieren und zu treuen Lesern werden. Ich leugne nicht, dass es auch den ein oder anderen begeisterten Leser gab, der mich über die sozialen Medien gefunden hat, wofür ich sehr dankbar bin.

Aber das sind die Ausnahmen. Die häufigsten Social Media Begegnungen laufen genauso ab, wie Cal Newport es beschrieben hat: Klar like ich dein Bild. Aber dein Buch kaufen? … Hm, nö? Deinen Newsletter abonnieren? Nee, danke. Ist nicht mein Genre.

So sieht es aus und ich vermute, dass es vielen Künstlern und kleinen Unternehmen ähnlich geht, wenn sie versuchen, sich in den sozialen Medien eine Fangruppe aufzubauen.

Zwei Einschränkungen muss ich jedoch erwähnen.

Du bist bereits bekannt oder du nimmst ordentlich Zeit und Geld in die Hand.

Es mag einen Unterschied machen, wenn man bereits außerhalb von Social Media eine große Fanschar besitzt. Wenn man es in seiner Branche bereits zu etwas geschafft hat und dann seine Fans darum bittet, einem auch in den sozialen Medien zu folgen, werden die Resultate sehr wahrscheinlich ganz anders aussehen.

Aber wenn man als unbekannter Autor, Künstler, Unternehmer oder was auch immer versucht, sich über die sozialen Medien eine treue – und kaufwillige – Gefolgschaft aufzubauen, fängt man im Tal des Schattens an und wird womöglich nie die grünen Auen der Internetberühmtheit erreichen, weil der Algorithmus des Anbieters dies verhindern wird – sei denn, du bringst Geld mit.

Kommen wir zu dem Thema bezahlter Werbung in den sozialen Medien.

Ich verzichte auf Social Media, weil bezahlte Werbung für mich momentan keine Option ist

Es ist kein Geheimnis, dass Facebook eine Goldgrube für Unternehmen ist, weil sie alle möglichen Kundendaten haben und sich jede Zielgruppe bei Facebook tummeln soll. Und wenn du bereit bist, Geld und Zeit in die Hand zu nehmen, kannst du deine Zielgruppe erreichen und deine Verkäufe entsprechend ankurbeln.

Es mangelt nicht an kostenlosen Anleitungen oder Premiumkursen im Netz, die dich in der Kunst bezahlter Werbung unterrichten. Oftmals berichten die Dozenten zunächst selbst davon, wie ihnen bezahlte Werbung in den sozialen Medien den großen Erfolg beschert hat und sie schwören darauf, dass es auch bei dir funktionieren wird.

Das leugne ich nicht. Natürlich habe ich mich als Selfpublisher auch mit bezahlter Werbung auseinandergesetzt. Aber das Ergebnis hat eher zu noch mehr Frust geführt.

Der Grund ist, dass du Geld und Zeit brauchst, damit es wirklich etwas bringt.

Und beides habe ich nicht.

Die seriösen Online-Marketer schenken dir reinen Wein ein und sagen dir, dass bezahlte Werbung seine Zeit braucht, bis es wirklich Resultate erzielt. Es ist nicht so, dass du einmal eine Anzeige schaltest, das Ganze dann laufen lässt und darauf wartest, dass dein Bankkonto sich von alleine füllt.

Die Realität sieht eher so aus, dass du Geld investierst und fortlaufend deine Anzeigen analysierst und optimierst.

Das mag für jemanden, der bereits ein Marketingbudget und die nötige Zeit hat, ein hilfreiches Werkzeug sein. Aber nicht für mich.

Um das Ganze an einem aktuellen Bespiel zu verdeutlichen. In dem Artikel Can you make a profit with a single book? erklärt der Autor James Blatch seine Strategie. Auch wenn er keine großen Erwartungen hatte, so hat er ausgerechnet, dass er für sein erstes Buch ein Marketingbudget von 2000$ hat! (Hab die Summe mal übrig…)

Dieses Budget hat er unter Anleitung eines Profis in Facebook-Werbung gesteckt. Am Ende des Jahres hat er über 6000$ in Werbung gesteckt (ich vermute mal, er hat den Betrag aus den Bucherlösen reinvestiert) und ungefähr die gleiche Summe an Tantiemen herausbekommen. Seinen Gewinn gibt er mit etwas über 32$ an.

Natürlich hat er dafür auch was bekommen. Insgesamt hat er über 3000 Bücher verkauft, über 400 Bewertungen bei Amazon und 250 Abonnenten für seinen Newsletter erhalten. Kein schlechter Start für einen neuen Autor.

Doch James Blatch hat ordentlich Geld investiert und konnte vor allem auf das Wissen eines Profis zurückgreifen (Blatch ist der Freund von Bestseller-Autor Mark Dawson und verweist auf dessen Marketing-Kurs. Ich gehe mal davon aus, dass er nicht die 849$ für den Kurs zahlen musste).

Die Produktionskosten meines ersten Buches haben mich fast zweitausend Euro gekostet und das, obwohl ich noch in den Genuss von Freundschaftspreisen gekommen bin. An jedem verkauften Exemplar verdiene ich zwei Euro. Ich müsste also mindestens tausend Bücher verkaufen, um überhaupt die Herstellungskosten zu decken. Zum Zeitpunkt, wo ich diesen Artikel schreibe, steht die Produktion vom zweiten Buch an, was wieder Geld kostet.

Sprich, Werbung, die wirklich etwas bringen würde, gibt das Budget einfach nicht her. Und dann ist da noch der Zeitfaktor, der nicht zu unterschätzen ist. Meines Erachtens braucht es einige Zeit, bis man sich in das Thema digitales Marketing eingearbeitet hat – schließlich machen das manche Leute hauptberuflich.

Nun sieht die Realität in meinem Fall allerdings so aus, dass es ein täglicher Kampf ist, Zeit zum Schreiben und Lesen in den Alltag zu integrieren. Es hat Jahre gedauert, die Grundlagen des kreativen Schreibens zu erlernen, und ich habe an diesem Zeitpunkt in meinem Leben weder die Zeit noch das Geld mich so in das Thema bezahlte Werbung reinzuknien wie es erforderlich wäre, um zufriedenstellende Resultate zu erhalten.

Somit fällt für mich ein weiterer guter Grund weg, um weiterhin Social Media zu nutzen.

Wer bis hierhin gelesen hat, für den mag das alles ziemlich negativ klingen. Und ja, das Thema frustriert mich. Manche mögen meine Entscheidung für unklug halten oder sind vielleicht der Meinung, dass ich zu früh das Handtuch werfe. Mag sein. Die Zeit wird es zeigen. Aus eigener Erfahrung weiß ich jedoch, dass es auch möglich ist, außerhalb der sozialen Netzwerke interessante Leute kennenzulernen, mit denen ich gerne freundschaftliche Bande knüpfe und die sich für meine Geschichten interessieren.

Während ich die Aussage »Als Autor musst du in den sozialen Medien vertreten sein« nicht teile, bin ich davon überzeugt, dass jeder Autor einen Newsletter haben sollte, um dadurch mit seinen Lesern in Kontakt zu bleiben.

Der Vorteil eines Newsletters ist, dass er mir gehört und nicht Facebook oder einem anderen sozialen Netzwerk, von dem ich nicht weiß, ob es in fünf Jahren noch auf dem Markt ist. Bei einem Newsletter habe ich die volle Einsicht in das Nutzerverhalten und kann damit arbeiten. Ich weiß, wen ich wirklich erreiche und wen nicht.

Und einen Newsletter habe und pflege ich. Die Zahl der Abonnenten mag zwar langsam wachsen, aber ich habe lieber eine kleine und dafür treue Leserschaft, als tausende von Abonnenten, die sich letztendlich nicht für meine Arbeit interessieren. Wenn du die kleine Schar vergrößern möchtest, kannst du dich hier anmelden: Newsletter (und bekommst sogar noch eine Kurzgeschichte als Dankeschön).

Doch einer der wichtigsten Gründe, warum ich als Autor kein Social Media mehr benutze, habe ich noch gar nicht erwähnt. Die Marketing-Gurus und Herolde aus Silicon Valley mögen zwar behaupten, dass die aktive Teilnahme in den sozialen Medien für deinen Erfolg als Autor unerlässlich ist, aber das stimmt nicht.

Denn es gibt nur ein Karrierekapital, das in der Buchbranche zählt.

Du kannst (sehr) gute Geschichten erzählen.

Letztendlich zählt nichts anderes.

Viele Social-Media Follower sind kein Karrierekapital für einen Autor

Den Begriff »Karrierekapital« habe ich von Bestseller-Autor Cal Newport (der nicht in den sozialen Medien unterwegs ist und das auch nicht nötig hat). In seinem genialen Buch Die Traumjoblüge – Warum Leidenschaft die Karriere killt definiert Newport »Karrierekapital« mit beruflicher Kompetenz, die es braucht, um es in einem Beruf oder einer Branche zu etwas zu bringen.[3]

Anders gefragt: Worauf kommt es wirklich an, wenn du in deinem Job erfolgreich sein willst? Newports prägnante Antwort lautet: Sei so gut, dass es alle merken!

In Bezug auf das Schreiben führt er dann weiter aus:

»Zum einen gibt es einen Markt, indem es auf eine bestimmte Qualifikation ankommt und der Sieger alles bekommt, und zum anderen den Auktionsmarkt. In erstgenanntem Markt gibt es nur ein einziges Karrierekapital, dafür aber jede Menge Konkurrenz. Drehbuchschreiben ist so ein Markt, denn das Einzige, was dort zählt, ist die Schreibkunst der Autoren.«[4]

Das Prinzip trifft natürlich auch auf das Schreiben von Romanen zu. Unabhängig davon, ob man als Selfpublisher oder als Verlagsautor unterwegs ist – wenn die Geschichten nichts taugen, verkauft man keine Bücher. Oder zumindest nicht viele.

Daher habe ich mich dazu entschlossen, nicht länger in Social Media zu investieren. Stattdessen möchte ich mich verstärkt meiner Schreibkunst widmen, um mit der Zeit immer bessere Bücher zu schreiben.

Denn was bringt einem der optimierteste Instagram-Feed, wenn die Geschichten selbst nicht so gut sind, dass Leser auch tatsächlich bereit sind, dafür zu zahlen?

Nichts.

Eines Tages hoffe ich, doch noch einen Literatur-Agenten oder einen Verlag von meinen Geschichten zu überzeugen. (Bisher konnte ich es nicht). Natürlich ist schriftstellerisches Können nicht alles. Manche Genres verkaufen sich einfach besser als andere. Trends kommen und gehen und Geschmäcker sind verschieden. Ein bisschen Glück ist  immer mit im Spiel.

Aber auf Letzteres hat man ohnehin keinen Einfluss. Das Einzige, was man selbst tun kann, ist, seine Fähigkeiten weiterzuentwickeln und immer besser zu werden.

Aber die sozialen Medien sind mir dabei keine Hilfe, eher im Gegenteil. Sie bremsen mich vielmehr aus. Daher verzichte ich ab sofort als Autor auf Social Media.

Und vielleicht solltest du es auch tun.


[1] Cal Newport, Konzentriert arbeiten – Regeln für eine Welt voller Ablenkungen, Redline Verlag, 2020, S. 203.

[2] Ebd., S. 204

[3]  Cal Newport, Die Traumjoblüge – Warum Leidenschaft die Karriere killt, campus Verlag, 2013, S. 57.

[4]  Ebd., S. 101.